Montag, 26. März 2012

Notfalldienst am Sonntag

Eine ruhige Nacht liegt hinter uns, und wir können sogar etwas ausschlafen. Nach dem Frühstück allerdings klopft es an die Tür, eine Frau sei seit 2.00 Uhr morgens auf der Frauenabteilung, bewusstlos seit gestern Abend. Samstag oder Sonntag gehe ich gerne mit Clemens auf Visite, und so ziehen wir zusammen los.

Bereits am Spitaleingang wartete wieder eine Hilfsschwester, diesmal vom Gebärsaal. Das sind eigentlich meist die dringendsten Notfälle. Und so lag da eine Gebärende und aus der Scheide heraus guckte ein kleines Füsschen. Bei einer Erstgebärenden wäre es nicht sinnvoll eine Spontangeburt abzuwarten. Also alles vorbereiten lassen für einen Kaiserschnitt. Das Operationsteam wird organisiert und in knapp ½ Stunde ist alles bereit. Zwischendurch aber noch zur bewusstlosen Frau (35J.). Sie wurde am Freitag von ihrem Mann auf den Kopf geschlagen und war dann ab Samstagabend bewusstlos. Beim Untersuch hatte sie einen völlig steifen Nacken, die Diagnose schien ziemlich klar. Eine Blutung zwischen Hirn und Schädeldecke, das Blut kann nirgends abfliessen und drückt so auf das Hirn. Eigentlich ein Fall für die Neurochirurgie. Wir versuchten eine Ambulanz zu organisieren bis nach Harare, aber das wurde nicht erlaubt. Sie musste zuerst ins nächste Regionalspital verlegt werden, wo sicher nichts gemacht wurde. Auf dem Weg dorthin gab es noch einen Stopp bei der Polizei wegen der Anzeige. Leider haben wir nicht mehr gehört wie es weiterging. Aber das ungute Gefühl bleibt, hätte ich nicht besser doch selbst ein Bohrloch gemacht? Aber so ganz einfach ist das in diesem Land eben nicht, was man in Harare nicht gelernt hat darf man theoretisch auch im eigenen Spital nicht machen. Dafür ist der kleine Junge, der so vorwitzig mit den Füssen voran zur Welt wollte, dann per Kaiserschnitt geholt worden. Nachher gab es für den Moment keine so akuten Probleme mehr. Die Visite auf der Kinderabteilung ist meist amüsant, auch wenn es einige wirklich traurige Geschichten gibt. So lag ein kleines Mädchen dort mit der „Glasknochenkrankheit“, dass sich schon zum 3. Mal den Oberschenkel gebrochen hat. Auf der Frauenabteilung lag eine verwirrte ältere Frau. Auch sie hatte das Bein gebrochen und eine Extension(Zug mit Gewicht).Weil es ihr unbequem war verschob sie immer wieder das Gewicht. Noch eine problemlose Runde bei den Männern, dann kurz in den Gebärsaal. Jetzt wurde es ruhiger. Für kleinere ambulante Sachen oder stationäre Eintritte wird der Arzt nicht gerufen. Das wird dann meistens am nächsten Morgen besprochen. An so einem Tag (oder eigentlich jeden Tag) liegen Erfolge und Misserfolge sehr nah beieinander und man wird sich häufig bewusst, wie beschränkt die Möglichkeiten hier sind, sei es finanziell oder wegen den weiten Wegen oder eben die fehlende medizinische Infrastruktur in diesem Land. Und doch fühlen wir uns hier am rechten Platz und sind froh, hier zu sein.

Beatrice und Clemens



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen