Sonntag, 27. Oktober 2013

Der tägliche Kampf ums Überleben




Am Morgen klopft es an die Haustüre: Stotternd steht Mikel, der Bruder von Emma draussen (sie liefert uns die Bananen fürs Waisenhaus), er möchte irgendeine Arbeit. Er sei in Südafrika schwarz am Arbeiten gewesen (die Zimbabwer gelten dort als Ausländer), die Polizei habe ihn bei einer Kontrolle aufgegriffen, er hatte keinen Pass dabei und wurde in Handschellen an die Grenze gestellt. Jetzt möchte er gerne einen Pass machen lassen in Masvingo, aber dafür braucht er zuerst für 20 $ eine blecherne Identitätskarte vom Bezirksbüro, dann in Passbüro für 60 Dollar einen Passantrag, dann müsse er 3 – 6 Wochen warten, bis sein Antrag angenommen werde. Ein Sofortpass (innert 2 Wochen) kostet 300 $.

Er möchte gerne „Peace work“ irgendetwas, damit er sich den Pass finanzieren könne. Daneben müsse er ja auch leben und nur seiner Schwester im Garten zu helfen, bringe auch kein Geld.

So hat er 2 Tage die Gegend aufgeräumt, Plastikreste und Blechbüchsen gesammelt und in unserer Grube verbrannt. Dann besserte er mit Schaufel und Schubkarre die Zufahrtsstrasse zu unserem Haus aus.

Mit 100 Dollar Lohn (10 pro Arbeitstag) ging er letzte Woche nach Masvingo und bezahlte den Pass. Am Abend schlief er im Park, da er sich keine billige Unterkunft leisten konnte. Dort wurde er ausgeraubt und 3 Männer mit Messern nahmen im das Portemonnaie und das Handy ab. So stand er jetzt wieder vor der Türe und fragte nach Geld. Aber ohne Arbeit kein Geld. Nächste Woche kann er noch die Strasse zum neuen Ärztehaus erstellen, dann habe ich nichts mehr für ihn.

der Park in Masvingo

die Bushaltestelle in Nyika
Auch die meisten Krankenschwestern (Regierungslohn 300 $ / Monat) haben nach der 3-jährigen Schwesternschule keine Stelle und müssen entweder im Ausland arbeiten oder zu Hause warten, ob die Regierung die eingefrorenen Stellen wieder freigibt. Etwa 7 % der arbeitsfähigen Bevölkerung hat eine bezahlte Arbeit, das staatliche Gesundheitswesen hat kein Geld mehr, und auch die Missionsspitäler können nicht dauernd die Gebühren erhöhen, um die Löhne, die Medikamente und das Essen zu kaufen.

Es geht wenigen Leuten wirklich gut, aber trotzdem fehlt das Lachen nicht und der Kampf ums tägliche Brot verbittert die Leute nicht, sie haben sich arrangiert.

Nächste Woche bin ich wieder mal ganz allein, die beiden einheimischen Ärzte sind weg für eine Weiterbildung. Das heisst für mich 24 Stunden Präsenzzeit, über 100 Spitalpatienten für die Visite und so ca. 60 ambulanten Patienten pro Tag anschauen, die von den Krankenschwestern voruntersucht worden sind. Der Arzt sieht nur die Problemfälle.

die Männerabteilung im Spital

Wir haben ca 2000 Geburten und 200 Kaiserschnitte im Jahr, so sind auch die Nächte kaum ruhig. Ein Besuch auf Aussenstation ist dann nicht möglich, ich möchte das Spital nicht ohne Arzt lassen.

Aber die anderen beiden habe ja auch während meiner Ferien voll arbeiten müssen.

Liebe Grüsse

Clemens
der neue Laden von Anna, die im Waisenhaus arbeitet

nach dem Regen blüht alles

spielnde Kinder beim Ziehbrunnen